114

5.5.14.
Die Deutung des Todes Jesu als Verrat: Judas. Josephus nennt die Christen Söhne Judas’ des Galiläers, weil er die Christen pauschal der Aufstandsunterstützung bezichtigt. In den

Masada, Touristen
Masada, Touristen

christ­lichen Quellen ist es umgekehrt: Die Beziehung zwischen den Christen und Judas wird nicht geleugnet, aber Jesus ist der Patron und die Aufständischen sind nur Schüler, und zwar unwürdige, weil sie den Feinden Jesu einen Grund liefern, ihn zu töten.

Auch die Meinung der Aufstän­dischen wird in den Evangelien nicht verschwie­gen: In der Szene Verleugnung des Petrus (Mk 14,66ff par) wird Petrus aufgrund seines galiläischen Dialekts als Teilnehmer am Aufstand Judas’ des Galiläers gekennzeichnet, es wird ihm Verrat an der Sache Jesu, die mit der Sache der Aufständischen gleichgesetzt wird, vorgeworfen.

Die Kreuzi­gung von Jakobus und Petrus zeigt, dass die palästinen­sischen Jesus-Bewegun­­gen durchaus nicht immer gewaltfrei waren und die Zusam­men­arbeit mit den Aufständischen nicht grundsätzlich ablehnten. Das änderte sich erst nach dem Ende des jüdischen Aufstands 70 n. Chr.

112

5.5.12.
Die Selbstopferung des Helden und das Zeitalter der Fische: Die Gnostiker um Simon Magus deuteten den Kreuzestod Jesu als

Masada, römische Rampe
Masada, römische Rampe

Parallele zur Selbstopferung des Gottes Mithras im Mith­ras­kult.

Daraus entstand die kultische Feier des Abendmahls, deren Form sich später an das jüdische Passahmahl anlehnte, deren Grundgedanke aber, die Selbstopferung des Kultheros, vom Mithras­kult stammt.

Die Gnostiker glaubten auch, in dem Sternzeit­alter der Fische, das damals begann, eine himmlische Antwort auf das von Jesus angekün­digte Reich Gottes sehen zu können und nannten die Verkünder der Botschaft Jesu Fischer. Jesus selbst habe sich am Ende des alten, des Widderzeitalters als Widder (Lamm) geopfert.

Jesu Tod als Opferlamm (als Widder) symbolisiert nach der astrologischen Lehre der Weltzeitalter das Ende der Widderära. Das Auftreten der Jünger als Fischer symbolisiert den Beginn des astrologischen Zeitalters der Fische.

110

5.5.10.
Das Leiden des Gerechten: Die älteste Deutung des Todes Jesu: Die Samaritaner, die Jesus freund­lich gesinnt waren,

Jerusalem, Ölberg, alter Ölbaum
Jerusalem, Ölberg, alter Ölbaum

fanden folgende Antwort auf den Tod Jesu: Das Leiden Jesu ist das Leiden eines Gerechten. Jesus ist für uns, für unsere Sünden gestorben.

Diese Antwort wurde in den Knecht-Gottes-Liedern bei Deutero-Jesaja (Jes 40ff) im Alten Testament und in der Stephanus-Rede in Act 7 festgehalten, vgl. auch Act 8,32f.

107

5.5.6.
Das Christentum entstand nicht als eine innerjüdische Erneuerungs­bewegung, sondern durch den Zusammenschluss von zunächst

Jerusalem, El Aksa-Moschee
Jerusalem, El Aksa-Moschee

selb­ständig agierenden israelitischen, täuferischen und gnostischen Grup­pen, die in den Evangelien von den großen Jüngern Jakobus, Johannes und Simon Petrus repräsentiert werden.

5.5.7.
Die Deutung des Todes Jesu
Da Jesus schon lange vor seiner Zeit als Messias eine Berühmtheit war, wurde sein Tod überall, aber besonders in Sebaste, dem römischen Samaria, diskutiert und im Lichte seines Lebens und Wirkens gedeutet. Diese Deutung passierte nicht innerhalb seiner Anhängerschaft, denn die gab es nicht.

Diese Deutung geschah vielmehr in den verschiedenen sozialen und religiösen Bewegungen und Netzwerken, die das geistige Leben bestimmten. Zu nennen sind hier besonders das sama­rita­nische Judentum, die Täufersekte um Johannes den Täufer und die Gnostiker um Simon Magus.

In diesen Bewegungen gab es sicherlich ein breites Spektrum von Meinungen über Jesus. Uns interessie­ren nur die Meinungen, die das Schick­sal Jesu positiv deuteten.