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3. In Rom führen die Bemühungen Sejans, die sozialen Schran­ken

Vulkan Pichincha, Hügel über d. Hauptschlot
Vulkan Pichincha, Hügel über d. Hauptschlot

zwischen dem Ritterstand und dem kaiserlichen Hochadel zu überwinden, in die persönliche Katastrophe. Tiberius lässt Sejan am 18. Oktober 31 n. Chr. absetzen und sofort hinrich­ten und stellt die alte Machtordnung mit dem Kaiser an der Spitze wieder her.

Die Entmachtung Sejans schwächt in Palästina die Position Jesu und die des Pilatus. Jesus hat in Galiläa eine ähnliche Machtstellung, wie sie Sejan in Rom gerade zum Verhängnis wurde.

Die Gegenspieler Jesu haben nun neue Argumente gegen die Machtfülle des Statthalters Jesus in der Hand. Pilatus ent­stammt als römischer Ritter derselben Gesell­schafts­schicht wie Sejan und musste offiziell mit ihm zu­sam­men­arbeiten.

Da nun in Rom alle Kontakte Sejans überprüft werden, besteht für Pilatus ein Risiko, das ihn zwingt, alles zu tun, um in seiner Amts­führung zukünftig jeden Fehler zu vermeiden.

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5.2.15.
Ca. 32 n. Chr. wurde Jesus auf Betreiben der neuen Gattin des Fürsten Antipas entmachtet. Was in den Evangelien

Jerusalem, antiker Säulenkopf
Jerusalem, antiker Säulenkopf

zur Passions­geschichte gehört, ist im Alten Testament als eigene kleine Erzählung überliefert: die Auseinander­setzung Jesu mit den Juden und die Verurteilung wegen Gottes­lästerung.

In der Erzählung von Nabots Weinberg (1 Kön 21) spiegelt sich die Auseinandersetzung der neuen Gattin des Antipas mit dem Statthalter Jesus. Die machtbewusste Herodias (=Isebel) neidet dem Statthalter Jesus seinen Einfluss auf Antipas (=Ahab) und erreicht die Verurteilung und Hinrichtung Nabots (=Jesu).

Jesus konnte sich zwar ins Exil nach Tyros retten, aber seine Karriere als Politiker war beendet, Mk 7,24-30 par. In der neutestamentlichen Erzählung ist bei Markus und Matthäus aus dem Streit zwischen Herodias und Jesus eine Diskussion darüber geworden, ob Jesus, der in Tyros weilt, mit seinen Heilkräften auch einer nichtjüdischen Frau (wie der Herodias) und ihrer Tochter helfen dürfe.

089

5.2.14.
Antipas hatte ca. 31 n. Chr. seine Frau verstoßen und seine Nichte, die Herodes­enkelin Herodias geheiratet. Johannes der Täufer

Jerusalem, Tempelmodell
Jerusalem, Tempelmodell

hatte daran Anstoß genommen und Antipas heftig kritisiert.

Die Auseinander­setzung wird in den Evangelien direkt und im Alten Testament in der Bathseba-Erzählung geschildert, wo der Prophet Nathan (=Johannes) den König David (=Antipas) im Auftrag Gottes tadelt.

Josephus schildert die Ereignisse ohne die moralische Kritik an Antipas. Texte zu dem Herodias-Skandal: 2 Sam 11f; Mk 6,14-29 par; Mk 7,24-30 par; Ant 18,5,1-2.

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III  5   Getrennte Wege

3.5.1.
Die beiden Lösungen für eine galiläische Identität entwickelten sich allmählich und bestanden nebeneinander her. Antipas zögerte

Garizim, antike Ruinen
Garizim, antike Ruinen

offen­sichtlich, einer Lösung den Vorzug zu geben. Einerseits stärkte das monarchische Modell seine Stellung im politischen System, andererseits hatten die Juden eine starke Lobby und waren eine wichtige Stütze seiner Herrschaft.

3.5.2.
Eine Entscheidung fiel erst, als Antipas ca. 31 n. Chr. seine Schwägerin Herodias, ehelichte. Die machtbewusste Herodesenkelin sah im Statt­halter Jesus einen Konkurrenten und bewog Antipas, Jesus zu entlassen, der daraufhin ca. 32 n. Chr. ins Exil nach Tyros ging.