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(2) Eine zweite Epochengrenze ist in den Jahren 68-70 n. Chr. anzusetzen.

Vulkan Pichincha, Kraterrand
Vulkan Pichincha, Kraterrand

Mit dem erzwungenen Selbstmord des Kaisers Nero endet 68 n. Chr. in Rom die kurze Epoche der Gottkaiser und zugleich die fast ein Jahrhundert währende Herrschaft der julisch-claudi­schen Kaiser aus der hochadeligen Familie des Augustus.

Im Vier-Kaiser-Jahr 69 n. Chr. gründet Vespasian die flavische Dynastie. Der neue Kaiser versteht sich nicht mehr als Gott, sondern als Mensch und verleugnet seine niedere Herkunft aus der italischen Provinz nicht.

In der flavischen Literatur erlebt das Epos, die Literaturform Homers und Vergils, mit den Dichtern Valerius Flaccus und Statius eine neue Blüte. Die Zeit bis Nero wird als eine abgeschlossene Epoche betrachtet, die es zu würdigen gilt und nach der eine Neubesinnung nötig ist.

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10.     Epochen und Epochengrenzen

Um das Jahr 30 n. Chr. regiert in Rom und in Palästina eine Altherrenriege,

Vulkan Pichincha, Schwefeldämpfe
Vulkan Pichincha, Schwefeldämpfe

die ihre politische Prägung noch unter Augus­tus erhalten hat. Von der Insel Capri aus dirigiert der 70jährige Kaiser Tiberius das Geschehen in Rom. In der Haupt­stadt des Reiches hält der Bevollmächtigte des Tiberius, der Ritter Sejan, alle Fäden der Macht in den Händen.

In Palästi­na herr­schen die Tetrarchen Herodes Antipas und Philippus seit über 30 Jahren in den nördlichen Provinzen, Antipas wird seit mehr als 20 Jahren von dem Statthalter Jesus unter­stützt.

Judäa und Samaria stehen als Provinz Judäa unter rö­mi­scher Verwaltung, seit 26 n. Chr. führt der Ritter Pontius Pilatus als Präfekt ein strenges Regiment.

Diese beschau­liche Idylle au­gus­teischer Stabilität und orientalischer Lebens­freude wird in den folgenden Jahren von einer Reihe von Ereignissen erschüt­tert, in deren Verlauf das Herrschafts­perso­nal voll­stän­dig aus­ge­tauscht und die politische Verantwortung in den Jahren 36/37 n. Chr. auf die Schul­tern einer neuen Generation gelegt wird.