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5.9.11.
Der Tod von Jakobus und Simon, Fortsetzung 3: Hat Petrus überlebt? Hatte Lukas ein Motiv, um Petrus eine literari­sche Rettung

Ephesus, Tor
Ephesus, Tor

zuteil werden zu lassen? Ja, er brauchte des Petrus Anwesenheit beim Apostelkonzil in Jerusalem, Act 15,1ff.

Möglicherweise gab es zur Zeit des Lukas auch schon die Legende, dass Petrus nach Rom gekommen sei und dort den Märtyrertod erlitten habe.

In der Überlieferung, die Lukas vorfand, war vermutlich vom Tod des Petrus die Rede. Denn Lukas hat nur sehr schwache Zeugen für seine Variante, dass Petrus gerettet wurde.

Die Zweifel: Petrus selbst zweifelt, er glaubt an eine Vision anstelle der tatsächlichen Rettung. Die Gemeinde, zu der er kommt, zweifelt und öffnet zunächst das Eingangstor nicht, weil sie Petrus für einen Geist hält (sein Engel).

Die einzige Zeugin, die Lukas anführen kann, ist die Sklavin Rhode. Aber Frauen und Sklaven sind in der Antike bei Gericht schlechte Zeugen, weil man vermutet, dass sie stets zuguns­ten ihrer Männer bzw. ihrer Herren aussagen. Wenn Lukas diese Zeugin anführen muss, zeigt das, wie verzweifelt seine Lage in diesem Fall ist.

Nach dem Prinzip von Ockhams Rasiermesser ist die Version des Josephus die richtige, Petrus starb zusammen mit und auf die gleiche Weise wie Jakobus. Diese Argumentation wird auch dadurch gestützt, dass Lukas nach diesem Vorfall kein Erzählmaterial mehr über Petrus vorliegen hat, die Petrustradition bricht hier ab.

Und beim Apostelkonzil war nach dem Bericht des Paulus in Gal 2,9 nicht Petrus, sondern Kephas, der Nachfolger des Petrus als Leiter der Petruskirche, anwesend.

Ergebnis: Petrus wurde 46 n. Chr. zusammen mit Jakobus vom Statthalter Tiberius Alexander gekreuzigt.

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1.5.3.
Die traditionelle Meistererzählung über die Entstehung der neutesta­ment­lichen Evangelien geht so: Die Apostel und andere

Kairo, Mohammed Ali Moschee
Kairo, Mohammed Ali Moschee

Christen haben ihre Erinnerungen an Jesus, seine Worte und Taten weitererzählt. Als die Generation der unmittelbaren Schüler Jesu älter wurde, haben die Evangelisten die wichtigsten Worte und Taten Jesu in Galiläa und die Erzählungen über die Ereignisse in Jerusalem bis zur Kreuzigung gesammelt und aufgeschrieben, um sie für die christliche Verkündigung zu bewahren.

1.5.4.
Ich vertrete hier die Meinung, die Evangelien und die Apostel­geschichte sind wie historische Romane über Jesus und die Apostel zu bewerten. Sie enthalten viel historisches Material, sind aber nach literarischen Gesichtspunkten gestaltet, in denen die Schönheit der Erzählung nicht zu kurz kommt.