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Den Beginn der koopera­tiven Aufzucht setzt Blaffer Hrdy zu Beginn des Pleistozäns (vor ca. 1,8 Mio Jahren) an,

Bahnfahrt zum Titicaca-See, Peru
Bahnfahrt zum Titicaca-See, Peru


als der afrikanischen Homo erectus erschien. Das folgert die Autorin aus dem geringen Größenunterschied zwi­schen den Geschlech­tern gegenüber den wesentlich älteren Australopithecinen.

Beim Homo erectus waren die männlichen Individuen

nur 18 Prozent größer als die Frauen. Dieser Grad an Geschlechts­dimor­phismus ist nur geringfügig ausgeprägter als beim modernen Menschen. (S. 384)

Die plausible Interpretation von Blaffer Hrdy würde bedeuten, dass die Hominiden schon lange vor dem Homo sapiens ihre Jungen gemeinsam versorgten. Deshalb ist die Übernahme der menschlichen Kommuni­kation durch die Helfer und somit die ganze Gruppe beim Homo sapiens sehr plausibel.

Auch Carel van Schaik und Karin Isler betonen die Bedeutung der Helfer bei der Jungenfürsorge:

Bei den meisten Säugetierarten ist die Mutter während der anstrengenden Tragzeit und Säugezeit auf sich allein gestellt, so daß jedwelche Hilfe einen Beitrag ans mütterliche Energie-Budget bedeutet.

Wenn nicht nur der Vater, sondern auch andere Gruppenmitglieder helfen, indem sie die Jungtiere beschützen, wärmen, tragen oder mit Nahrung versorgen, verringert dies die Belastung der Mütter beträchtlich.

Bei unserer eigenen Art, Homo sapiens, kommt die Hilfe von Vätern und anderen erwachsenen Männern und von älteren Geschwistern der Babys und Kleinkindern, aber am allerwichtigsten sind vermutlich die Großmütter. Bei uns hat die Menopause eine ganze Bevölkerungsklasse steriler Helferinnen hervor­gebracht, was bei Säugetieren fast einmalig ist. (S. 164f)

Kristen Hawkes hat in ihren Arbeiten über Großmütter (die Großmutter-Hypothese) die Bedeutung besonders der Frauen nach der Menopause hervorgehoben. Alle diese Autoren betonen den Beitrag der ganzen Ver­wandtschaft, also der ganzen sozialen Gruppe zur Aufzucht des Nach­wuchses.

Ich schließe daraus, dass die ganze Gruppe die neue inten­tionale Kommuni­kation mit dem Säugling erlernt hat und diese auch unter­einander anwendete.

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