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Darwin beschreibt in der Abstammung des Menschen die Höher­entwick­lung des Menschen

Festumzug, Cusco, Peru, 27. 8. 1989
Festumzug, Cusco, Peru, 27. 8. 1989


als Zusammenspiel von biologischen und kulturellen Faktoren. Das Gehirn der Vor- und Frühmenschen wird größer, gleich­zeitig und in gegenseitiger Abhängigkeit steigen die kulturellen Leistungen an. Beim Gehirnwachstum geht es um biologische und vererbliche Faktoren, die kulturellen Leistungen sind nicht vererblich, sie müssen Generation für Generation neu erlernt werden.

Der kulturelle Sprach­erwerb setzt die biologische Ausstattung der Individuen dazu voraus. Das Kleinkind, dem die biologische Ausstattung zur Sprachartikulation oder die Fähigkeit zu hören fehlt, kann die Sprachfähigkeit nicht erwer­ben.

Darwin sagt auch nichts über die biologischen Mechanismen, die die höheren Affen plötzlich auf die Spur gesetzt hätten, um menschliche Wesen zu werden. Er vertraut offenbar dem hegelschen, sich selbst entfaltenden Geist, der irgendwann über die höheren Affen gekommen ist wie der Heilige Geist über die Jungfrau Maria.

Seit Darwin gibt es natürlich eine Fülle von neuen Erkenntnissen, Forschungsergebnissen und Einzelstudien. Die Frage ist, ist das viktoria­nische Dilemma aufgelöst worden? Meine Antwort: Nein, das ist nicht der Fall.

In fast allen Studien wird der Anteil der Kultur an der Gehirn­entwicklung des Menschen hervorgehoben, es wird zwar der Bereich dessen, was als Kultur gilt, über die Kultur des englischen Gentlemans hinaus erweitert, insbesondere um die ökonomi­schen Bereiche Arbeit, Arbeitswelt und die sozialen Bereiche Zusammenarbeit, soziales Ver­halten usw.

Damit ist aber der finalistische Faktor nicht aufgeweicht, geschweige denn überwunden. Das viktorianische Dilemma ist heute genauso aktuell wie vor 150 Jahren.

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