Homer ist keine Grimm’sche Märchentante,

die traditionelle Geschichten weitergibt, er hat auch keine irgendwie mündlich bereits vorhandene Dichtung in die Schriftform überführt.
Homer ist auch nicht das einsame Genie, das eine großartige Dichtung aus dem Nichts hervorbringt. vielmehr hat er die aktuelle Geschichte vom Untergang einer großen Kultur, die er erzählen will, in die heroische mykenische Frühzeit versetzt, um sie zu überhöhen und zu verfremden.
Homer ist ein moderner Schriftsteller, schließlich hatte er in einem assyrischen „Harvard“ studiert, er ist das Bindeglied zwischen der assyrischen und der griechischen Literatur.
Zwar verwendet Homer wie Thomas Mann in „Joseph und seine Brüder“ alte, auch alte griechische Überlieferungen, er macht daraus aber – wie Thomas Mann – etwas völlig neues, eine große zeitgenössische Dichtung.
Die Idee einer erst mit Homer beginnenden autochthonen griechischen Literatur ist für mich nicht mehr plausibel. Hesiod ist älter als Homer.