V 15 Der Kanon des Neuen Testaments
5.15.1.
Die herrschende Meistererzählung über die Entstehung des neutestamentlichen Kanons geht so: In der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr.

waren in den christlichen Gemeinden so viele Evangelien und Apostelbriefe im Umlauf, dass die Gemeinden die Spreu vom Weizen trennen mussten.
In den Kanon der für die christliche Religion maßgeblichen Schriften nahmen sie nur Schriften auf, die ihrer Ansicht nach einen der zwölf Apostel oder den Apostel Paulus als Autor hatten oder von einem der Apostel autorisiert waren wie z. B. das Lukasevangelium des Paulusbegleiters Lukas (Kol 4,14; 2 Tim 4,11; Phlm 24) vom Apostel Paulus.
5.15.2.
Die neuen Thesen über die Entstehung des neutestamentlichen Kanons:
Der neutestamentliche Kanon wurde aus Schriften der drei palästinensischen Apostelkirchen des Jakobus, des Johannes und des Petrus und der heidenchristlichen Pauluskirche zusammengestellt.
5.15.3.
Kriterium der Aufnahme in den Kanon war die Ausgewogenheit der Herkunft aus den Teilkirchen und das Eintreten der Schriften für die Einheit der Kirche.