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5.5.9.
Die erste Aufführung der Passion: Dass Jesu Kreuzestod überall ein Thema war, ergibt sich aus folgendem Ereignis:

Jerusalem, Tempelberg
Jerusalem, Tempelberg

Im Jahre 41 n. Chr. reiste der jüdische König Agrippa I. nach Rom, um dem Kaiser Caligula seine Aufwartung zu machen (Ant 19,4,1).

Dabei wurde er zufällig Zeuge der Ermordung des Kaisers. Josephus berichtet (Ant 19,1,13) in diesem Zusammenhang von einer Theater­auffüh­rung am 24.1.41 n. Chr., dem Todestag des Kaisers:

Alsdann ereignete sich zweierlei, das als Vorbedeutung aufgefasst werden musste. Man führte nämlich ein Schauspiel auf, in welchem ein Fürst (hegemon) ans Kreuz geschlagen wurde, und die Pantomime stellte die Kinyrische Fabel dar, in der Kinyras nebst seiner Tochter Myrrha umkommt. Sowohl bei der Kreuzigung nun wie bei der Tötung des Kinyras floss künstliches Blut in Menge.

Bei dem gekreuzigten Fürsten handelt es sich um den gekreuzigten Jesus, das ergibt sich aus der begleitenden Pantomime: Myrrha klingt für römische Ohren wie Maria, der Legende nach der Name der Mutter Jesu. Im Mythos von Myrrha (Ovid, Metamorphosen 10,298-502) geht es um den Inzest der Myrrha mit ihrem Vater Kinyras. Die Anspielung auf den christlichen Glaubens an die Jungfrauen­geburt des Messias ist deutlich zu erkennen. Die Entstehung dieses Glaubens wird auf obszöne Weise gedeutet.

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